Jegliche Beratungsbeziehung fußt auf einer Menge Vertrauen – kein Vertrauen zwischen Management und Beratenden, keine erfolgreiche Beratung. Das sollte klar sein! Dennoch, Beratungen mit ihren zum Teil horrenden Tagessätzen und schlauen Antworten haben immer eine Lösung parat, vor allem in der Akquisephase. Das soll Vertrauen aufbauen (neben anderen Aspekten: Auftreten, Erfahrung, Werte, Vorgehen, Inhalte etc.) und funktioniert zum Teil auch ganz gut. Schnell wird viel versprochen und alles möglich gemacht. In der Anlaufphase des Projekts trennt sich dann erst die Spreu vom Weizen und das Management merkt wie erfolgversprechend das angestoßene Projekt tatsächlich ist. In dieser Phase entscheidet sich, ob Vertrauen bestätigt oder zerstört wird. So einfach, so klar. In diesem Beitrag möchte ich allerdings auf ein anderes Phänomen hinaus und meine Gedanken und Erfahrungen mit Euch teilen. Und zwar das Phänomen: „Passt die Antwort nicht, sind die Berater nicht die richtigen“, also eher fehlendes Vertrauen in der Zusammenarbeit.
Dazu kurz vorweg
In dem Folgenden spreche ich ausschließlich von Selbstverständlichkeiten guter Unternehmensführung, die in jedem Managementbuch nachgelesen werden könnten. Als Beispiel fällt mir dabei spontan die Tatsache ein, dass jedes Unternehmen eine strategische Ausrichtung haben und dessen Wettbewerbsvorteil bekannt sein sollte. Leider kommt allerdings auch bei diesen vermeintlichen Selbstverständlichkeiten vor, dass sie in Frage gestellt oder zum Teil unbegründet nicht als relevant für die Situation des Klienten angesehen werden. Dies habe ich selbst schon erlebt. Auf der anderen Seite stehen die komplexen Fragen, z. B. nach der Gestaltung der strategischen Ausrichtung oder des Wettbewerbsvorteils. Hier sieht die Sache selbstverständlich anders aus. Dabei gibt es oft kein Schwarz und Weiß, eher ein großes Spektrum an Grau, über dass sich prima diskutieren lässt. Was auch getan werden sollte, um beste Ergebnisse für das betreffende Unternehmen zu finden. Es geht hier also nur, um dieses er- und bekannte Phänomen in Bezug auf Selbstverständlichkeiten.
Kein Vertrauen und das Phänomen „Passt die Antwort nicht, sind die Berater nicht die richtigen“
Gute Beratende handeln u.a. lösungsoffen, ziehen die Klienten bei der Lösung ihrer eigenen Probleme eng mit ein, stellen zur jederzeit eine kundenorientierte Lösung sicher und beraten im Sinne eines ganzheitlichen und nachhaltigen Unternehmenserfolgs. Was passiert allerdings, wenn das bestmögliche Ergebnis trotzdem nicht mit den Vorstellungen und Erwartungen des leitenden Klienten übereinstimmt? Klar, dann haben die Beratenden die Erwartungen nicht ausreichend abgestimmt. Abgesehen von der Tatsache, dass neue Erkenntnisse, z. B. aus einer Diagnosephase, die Richtung eines Projektes verschieben, können die Erwartungen des Klienten jedoch auch schnell mal mit den Werten der Beratung kollidieren. Und zwar dann, wenn den Erwartungen der Klienten andere Interesse zu Grunde liegen als nur und ausschließlich der Erfolg des gesamten Unternehmens.
Wie und wann entstehen solche Situationen?
Beispiele für derartige Situation habe ich schon viele erlebt. Diese Liste ist sicherlich nicht annähernd vollständig, dennoch möchte ich Euch einige vorstellen, die ich erlebt habe. Hoffentlich könnt Ihr sie damit früher erkennen oder gar vermeiden – sei es nun als Beratende oder als Managende.
Der verdeckte oder nicht kommunizierte Nutzen des Projektes
Auftraggebende (ein oder mehrere) haben eine Hidden Agenda. Also einen Nutzen, den sie so offen nicht kommunizieren können oder wollen. Bei einem Lean- bzw. Produktivitätssteigerungsprojekt kann dies der Wunsch eines Geschäftsführenden und gleichzeitigen Vertriebsleiter nach günstigeren Verkaufspreisen durch weniger Personal oder höhere Produktivität sein, um zu vermeiden im eigenen Resort Veränderungen anzugehen und bessere Preise zu verhandeln.
Der drohende Gesichtsverlust
Dies kann im laufenden Projekt z.B. durch ungewollte Transparenz über bisherige Versäumnisse oder gar Fehler entstehen, dank Performance Management und deren Kennzahlen. Dafür sind besonders Firmen mit fehlender offener Fehlerkultur anfällig.
Das Gefährden heiliger Kühe
In Veränderungsprojekt kommen häufig die Handlungen der agierenden Personen ans Tageslicht, besonders die des Managements. Denn gerade die Vorbildfunktion des Managements ist eminent für jeden erfolgreichen Kulturwandel. Falls einige bisherige Handlungen in der Belegschaft zu Recht negativ aufstoßen (besondere Pausenregelungen oder willkürliche Anpassungen oder Überarbeitung von Erzeugnissen der Mitarbeitenden) gilt es diese zusammen mit den Betroffenen abzustellen. Nicht selten führt dies zu Meinungsverschiedenheiten und Diskrepanzen zwischen Managenden und Beratenden.
Die klaren Vorstellung der Managenden über das Vorgehen
Grundsätzlich eine gute Sache, zum Problem wird es, wenn die klaren Vorstellungen zu Beginn der Initiative nicht kommuniziert werden und entgegen den Vorstellungen der Beratenden stehen. Hier soll das Projekt nur als Mittel dienen, um die eigenen Ansichten umzusetzen und die Beratenden werden aufgefordert die klaren Vorstellungen einfach nur umzusetzen.
Diese Situationen des „Passt die Antwort nicht, sind die Berater nicht die richtigen“ treten häufig auf, falls sich die Managenden oder Geschäftsführende für unfehlbar halten – wenig Vertrauen in die Mitarbeitenden vorhanden ist. Außerdem wenn Fakten nicht gesehen werden, sondern lieber, wie all die Jahre zuvor, dem Bauchgefühl mehr vertraut wird als nackten Zahlen.
Kein Vertrauen: Wie lässt sich diese Situationen vermeiden?
Es gibt ein paar Möglichkeiten, die Du als Beratender oder Beratende bzw. als Teil des Managements vorab unternehmen kannst, damit sich diese Situationen vermeiden lassen. Für mich haben sich folgende Ansätze bewährt. Falls Du noch andere Ansätze hast, vervollständige sie gerne in den Kommentaren.
Werte kommunizieren
Kommuniziert was Euch wichtig ist, was Euch ausmacht und auf welchen Grundsätzen Eure Arbeit und vor allem Eure Zusammenarbeit fußt bzw. fußen sollte. Für mich gehört dazu in erster Linie meine Sicht der Dinge offen und ehrlich darzustellen und auch Unangenehmes anzusprechen. Dies kann allerdings zu kritischen Situationen führen, wenn bisherige Vorgehensweise in Frage gestellt werden. Für mich ist jedoch eine authentische und erfolgversprechende Arbeit sonst unmöglich. Falls das Management damit nicht einverstanden ist, ist eine Zusammenarbeit wenig zielführend und sollte ausbleiben – in beiderseitigem Sinne.
Enge Zusammenarbeit
Grundsätzlich eine gute Idee! Zur Vermeidung der angesprochenen Situation jedoch noch wichtiger als ohnehin. Durch eine enge Zusammenarbeit mit dem Management und auch wichtigen Mitarbeitenden des Klienten wird vielerlei erreicht:
- Beteiligte bekommen ein Gefühl für die aktuelle Situation
- Erkenntnisse aus den Analysen mit eigenen Augen gesehen
- Handlungsbedürfnisse selbst erkannt
- Schlussfolgerungen selbst oder von Schlüsselpersonen des Unternehmens gezogen
- Ergebnisse selbst oder von den Schlüsselpersonen vorgestellt
- Maßnahmen gemeinsam umgesetzt.
Entsprechend dieser langen Liste ist es schwierig für das Management die Ergebnisse und resultierende Handlungen anzuzweifeln oder nicht für gut zu befinden – sei es nun im Falle der eigenen engen Mitarbeit oder falls mit von ihnen selbst ausgewählten Schlüsselpersonen, die ihr Vertrauen genießen, zusammengearbeitet wird.
Einbeziehen des Managements
Genauso wichtig, jedoch nicht immer selbstverständlich: führendes Management miteinbeziehen bzw. aus Sicht des Managements: sich mit einbeziehen lassen! Ähnlich wie bei der Zusammenarbeit, jeden Schritt abstimmen und ein gutes Stakeholder Management betreiben.
Kein Vertrauen: Was tun, wenn’s schon zu spät ist?
Die Beratungssicht
Da hilft meiner Meinung nach nur eins: Zurückziehen und abwarten, die Zeit wird es richten. Verantwortlich bleibt das Management und niemand kann zu seinem Glück gezwungen werden. Vielleicht ist ja auch an der Haltung des Managements etwas dran – dank gutem Bauchgefühl eben oder schlicht mit Glück. Als Berater hängt man natürlich an seinem Klienten. Schließlich wurde viel dafür getan, um das Vertrauen und letztlich das Projekt zu gewinnen. Deshalb fällt es oft schwer diesen Schritt zu gehen.
Rational betrachtet gilt jedoch, kein Vertrauen – keine Beratung. Leider gilt das auch bei dem Phänomen „Passt die Antwort nicht, sind die Berater nicht die richtigen“. Ähnlich wie im Vertrieb auch, ist zu erkennen wann ein Kunde nicht mehr „beackert“ werden sollte, weil er nie kaufen wird. Ein profaner Grund dafür könnte sein, dass der Mitbewerber ein guter Freund des Kunden ist. Hier mehr Zeit zu investieren wäre reine Blindleistung. Es bleibt nur viel Erfolg zu wünschen bei der Suche nach einer Beratung, die dem Klienten genau das erzählt, was er hören möchte.
Die Management-Sicht
Und aus Management-Sicht, bei der Zusammenarbeit mit einer Beratung?
- Lasst Euch einbeziehen, bei der Analyse der Probleme und bei der Lösungsfindung, damit Ihr Euch selbst ein Bild machen könnt.
- Traut Euren eigenen Mitarbeitenden und den vorhandenen Zahlen (wenn letzteres es verdienen).
- Kommuniziert offen und ehrlich Eure Erwartungen, nur so wird früh klar, ob dies zu den Werten und den Vorgehensweisen der Beratenden passen.
- Wagt einen Neuanfang! Ihr kennt das aus dem Aktienhandel, die Zukunft aus Geschehnissen der Vergangenheit vorherzusagen, ist kein guter Ratgeber. Also bitte kein „das haben wir schon immer so gemacht …“
Also noch mal zur Erinnerung, damit es gar nicht erst soweit kommt folgendes beachten: kommuniziert Eure Werte gegenseitig, arbeitet eng zusammen (Beratende mit dem Management und andersherum) und bezieht ein bzw. lasst Euch in die Arbeit des jeweils anderen einbeziehen.
Wie sind Eure Erfahrungen? Habt Ihr als Berater schon mal erlebt, dass Euer Klient so gar nicht mit Eurer Lösung zufrieden war, quasi ohne rationale Erklärung? Oder Ihr Managende, welche Erfahrungen habt Ihr schon mit Beratungen gemacht? Ist es vorgekommen, dass Ihr bei unterschiedlichen Beratungen ähnliche Antworten bekommen habt? Schreibt mir in die Kommentare oder eine E-Mail.