Erfolgreicher Kulturwandel ist kein Zufall
In meinem letzten Blogbeitrag habe ich die Busfahrt-Geschichte vorgestellt und offenbart, dass es schwierig ist, alle Mitarbeitende bei Veränderungen mitzunehmen. Selten ist dann eine Kündigung die einzige Möglichkeit und das Beste für beide Seiten. Meiner Erfahrung nach, ist genau diese Vorstellung ein Hemmnis für Manager und Vorgesetzte, um einen Kulturwandel anzustoßen. Zum Glück ist es kein Zufall, wie erfolgreich der Kulturwandel verläuft. Wie angekündigt hast Du einige Optionen, damit Du Deine Mitarbeiter beim Change-Prozess mitnehmen und das Risiko einer Trennung minimieren kannst. Hier möchte ich Dir meine 6 „Geheimtipps“ für erfolgreiches Change-Management und einen Kulturwandel vorstellen.
Inhalt
- Erfolgreicher Kulturwandel ist kein Zufall
- 1. Gib Deinen Mitarbeitenden Zeit
- 2. Kommunikation, Kommunikation und Kommunikation
- 3. Vertraue Deinen Mitarbeitenden und sie vertrauen Dir
- 4. Bedürfnisse der Mitarbeitenden beim Kulturwandel berücksichtigen
- 5. Mitarbeitende in den Kulturwandel miteinbeziehen
- 6. Veränderungsmodell nutzen
- Was bringt Dir das?
1. Gib Deinen Mitarbeitenden Zeit
Ein Aspekt, der sehr häufig unterschätzt und oft nicht ausreichend beachtet wird. Insbesondere, wenn Beratende mit ihren großen Teams und hohen Tagessätzen den Change-Prozess betreuen. Dann bestimmt leider eher das Portemonnaie und nicht die Veränderungsbereitschaft der Mitarbeitenden die Dauer von Change-Prozessen. Passend zur vorherigen Busfahrt-Geschichte gibt es auch hier eine Metapher: Ein Kulturwandel ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Gefragt sind jederzeit Ausdauer, Geduld, Durchhaltevermögen, Streckenkenntnisse, Taktik und weniger schiere Kraft, Masse oder Impulsivität á la Usain Bold.
Nach einer Studie von Pillippa Lally vom University College in London dauert es im Durchschnitt 66 Tage, bis Menschen ihr Verhalten und ihre Gewohnheiten dauerhaft verändern. Dabei liegt die Betonung auf „Durchschnitt“, soll heißen, ein Teil der Mitarbeitenden werden teilweise deutlich länger benötigen. Nach meinen Erfahrungen dauert es mindestens drei Monate bis sich vorgenommene Veränderungen nachhaltig etablieren. Sei es, dass Mitarbeitende Werkzeuge nach einer 5S-Initiative dauerhaft wie vorgesehen verstauen oder jedes ihrer Probleme mit „5x Warum“ hinterfragen.
Was bedeutet das für Dich konkret?
Das bedeutet für Dich ab und zu auch mal einen Schritt zurückzugehen, um zu analysieren, welche Deiner Mitarbeitenden, wo im Veränderungsprozess stehen und welche Maßnahmen erforderlich sind, damit alle den Kulturwandel mitgehen. Als Beispiel fällt mir eine Situation ein, in der durch Gerüchte Aussagen von Mitarbeitern an den leitenden Klienten und mich herangetragen wurden. Es hieß, die Mitarbeitenden sollten nicht mehr selbst über Selbstverständliches entscheiden dürfen bzw. müssen. Selbstredend sollte das Gegenteil der Fall sein.
Anstatt diese Gerüchte einfach zu übergehen, da der Kulturwandel davon bisher nicht beeinflusst schien, sind wir ihnen zeitintensiv nachgegangen und haben Maßnahmen ergriffen, ihnen entgegenzuwirken – bevor sie sich negativ auswirkten. Zu den Maßnahmen gehörten viele Gespräche,
- um den Ursprung dieser Aussagen zu verstehen,
- über die Wichtigkeit der Autonomie der Mitarbeitenden in ihrem Wirkungsbereich und
- über Veränderungen in den Zuständigkeiten der Beteiligten, damit diese noch eindeutiger bestimmt waren.
Dieser Umweg hat Zeit gekostet. Nimm Dir die Zeit und das bei kleinsten Anzeichen von Herausforderungen, damit sich daraus keine größeren Probleme entwickeln. Am Ende sind es diese kurzen und längeren Gespräche und kleinen Veränderungen, die das Change Management ausmachen und eher nicht die stringente Planung und Durchführung eines rigiden Change-Programmes. Dazu passend der nächste Ansatz – Kommunikation, viel Kommunikation.
2. Kommunikation, Kommunikation und Kommunikation
Für die Veränderung sind nichts schlimmer als Ungewissheit und Angst. Die Ungewissheit vor dem Neuen und die daraus resultierende Angst der Mitarbeitenden vor der eigenen Bedeutungslosigkeit, vor Anschuldigungen, vor dem Aufdecken von Fehlern oder sogar vor dem Job-Verlust. Von Natur aus ist der Mensch ein „Gewohnheitstier“ und alles Neue stellt erstmal den Status quo, das Bekannte und somit Sichere infrage. Also kann das unbekannte Neue eigentlich nur schlechter werden. Das macht Angst!
Um dieser Angst entgegenzuwirken helfen genau nur drei Dinge – Kommunikation, Kommunikation und noch einmal Kommunikation. Von Beginn an sollte dem Kulturwandel eine umfassende Kommunikationsstrategie begleiten, damit Ungewissheiten gar nicht erst in der Belegschaft auftreten. Das beginnt schon bei den ersten Terminen zum Anstreben eines Kulturwandels. Schnell kommen bei den Kollegen Fragen auf wie, „Warum sitzen die Geschäftsführer plötzlich so oft in Terminen zusammen?“, „Weshalb kommt der Gesellschafter seit kurzem jeden Tag in den Betrieb?“ oder „Wer ist der Unbekannte im Anzug, mit dem der Chef durch die Hallen läuft?“. Genau diese Fragen sollten in der Belegschaft nach Möglichkeit gar nicht erst aufkommen. Das bedeutet, die Veränderungen und ihre Bedeutung für die Beschäftigten, ihre Familien, das Unternehmen und alle anderen Stakeholder solltest Du so früh wie möglich vorstellen und erklären.
Formate zur Mitarbeiterkommunikation
Neben einfachen Betriebsversammlungen, Einzel- oder Gruppengesprächen, bieten sich vor allem Gallery Walks an. Bei meiner letzten Transformation haben der Geschäftsführer und beteiligte Mitarbeiter allen anderen (über 100 Mitarbeitende) in kleinen Gruppen die Hintergründe, Gründe und Bedeutung des angestrebten Kulturwandels vorgestellt und erklärt. Grundlage dafür waren die Ergebnisse einer Analysephase, die den Mitarbeitenden einen Spiegel vorhielten und in denen sich die Herausforderungen des Unternehmens transparent darstellten. Dadurch war sich die gesamte Belegschaft darin einig, dass sich etwas ändern muss.
Eine zweite Runde der Gallery Walks vermittelten die auf den Herausforderungen basierenden Veränderungen und deren Funktion sowie Auswirkungen auf die Mitarbeitenden und die bisherigen Prozesse. Diese Veränderungen wurden von den Mitarbeitenden erdacht, die diese auch zuvor unter großer Beteiligung der Belegschaft entwickelten, doch dazu unter Punkt 5 mehr.
3. Vertraue Deinen Mitarbeitenden und sie vertrauen Dir
Vertrauen zwischen den Vorgesetzten bzw. Managern und den einzelnen Mitarbeitenden ist ein weiteres wichtiges und wertvolles Gut eines jeden Kulturwandels. Stell Dir die oben genannte Kommunikation ohne entsprechendes Vertrauen vor – die Angst vor einer versteckten Agenda würde bleiben. Dem kannst Du nur mit Vertrauen von jedem einzelnen Beschäftigten entgegenwirken. Etwas, dass sich nur sehr langsam aufbaut und leider schnell zerbricht. Meiner Erfahrung nach helfen dabei nur ein ehrlicher und offener Umgang mit den Mitarbeitenden, Konsequenz bei der Behandlung der Mitarbeitenden und bei der Umsetzung von Gesagtem sowie das Schenken von Vertrauen.
Konkret wieder für Dich, zeige Deinen Mitarbeitenden Dein Vertrauen. Schwierige Aufgaben übergeben, Informationen anvertrauen und offenlegen, nach Meinungen fragen, in Entscheidungen miteinbeziehen und ehrliches Feedback geben – als Lob aber auch als Anreiz zur Verbesserung – sind dafür hervorragend geeignet. Eigentlich logisch, leider nicht immer so selbstverständlich angewendet und deshalb hier mit aufgeführt. Bevor Du einen Kulturwandel anstrebst, solltest Du das Vertrauensverhältnis zwischen Dir, den Führungskräften und der Belegschaft überprüfen und es nötigenfalls als ersten Schritt anpassen.
Ich habe mein eigenes Vorgehen beim Schenken von Vertrauen in Bezug auf meine Zusammenarbeit mit meinen Klienten. Wie das aussieht, kannst Du hier lesen.
4. Bedürfnisse der Mitarbeitenden beim Kulturwandel berücksichtigen
Veränderungen müssen für die Beteiligten einen spürbaren Vorteil ergeben, idealerweise und wenn immer möglich für die Betroffenen selbst. Andernfalls ist die Versuchung zu groß, in die alten Verhaltensmuster zurückzukehren – kennst Du bestimmt selbst. Dabei hilft es ungemein, die Veränderungen an die Bedürfnisse der Beteiligten anzupassen, nur dann sehen sie einen Vorteil darin und gehen die Veränderung mit. Das Entgegenkommen bei der Veränderung anderer Tätigkeiten und Aufgaben ist dann eine Möglichkeit, die Beteiligten dennoch zu überzeugen.
Als positive Beispiele fallen mir die Maßnahmen zur Umsetzung von 5S bei einem Klienten ein. Diese wurde speziell an die Bedürfnisse der Mitarbeitenden angepasst. Mit den Fragen:
- Was wird benötigt?
- Wie viel wird davon benötigt?
- Wo wird es benötigt?
- Was machen wir, damit es dort bleibt wo es benötigt wird bzw. dahin zurückkommt?
Dabei ist das wichtigste Credo, das Einbeziehen der Mitarbeiter in die Gestaltung der Veränderung. Mehr dazu in Punkt 5.
Bedürfnisse der Mitarbeiter nicht berücksichtigen: keine gute Idee
Was passiert, wenn man Veränderungen nicht entlang der Bedürfnisse der Mitarbeitenden gestaltet, konnte ich ebenfalls schon erleben. Eine Führungskraft kam auf die Idee, dass alle Kaffeebecher (bisher unsystematisch und kunterbunt) im Pausenraum durch Becher mit nur 3-4 verschiedenen Farben ersetzt werden sollen. Nur zwei Tage blieben den Kollegen, um ihre Lieblingstasse zu sichern. Natürlich konnten die Beschäftigten nach dieser Veränderung nicht mehr erkennen, aus welcher Tasse sie zuvor getrunken haben (Pausen übergreifend), da zu viele Tassen mit gleicher Farbe auf dem Tisch standen. Abgesehen davon, dass eine solche Veränderung dem Unternehmen kaum einen Wettbewerbsvorteil verschafft, sorgt es zu dem für Unruhe und eine Verschlechterung für die Belegschaft. Es dauerte nicht lange und die alten Lieblingstassen standen wieder zwischen den neuen auf den Tischen. Hätte die Führungskraft einzelne Mitarbeitenden nur mal in die Gestaltung der Veränderung einbezogen…
5. Mitarbeitende in den Kulturwandel miteinbeziehen
Du kannst die Veränderung an die Bedürfnisse der Mitarbeiter nur anpassen, in dem Du diese einbeziehst. Nur so kannst Du alle Bedürfnisse der Betroffenen ausreichend berücksichtigen sowie die bestmögliche Lösung für das Unternehmen finden. Wenn immer es möglich ist, sollten Gespräche, Workshops, Analyse, Beobachtungen und und und mit den Mitarbeitenden zusammen durchgeführt werden. Dadurch deckst Du automatisch alle bisherigen Punkte meiner Ansätze ab:
- Zeit zur Veränderung geben
- Kommunikation der Erwartungen
- Vertrauen in die Beteiligten
- Anpassung an die Bedürfnisse
D. h. den Betroffenen die Veränderungen gestalten lassen. Das klingt deutlich einfacher als getan, vor allem, falls diese so gar keine Vorstellung davon haben, welche Lösungen es gibt bzw. wie diese Lösungen angewendet werden können. Dafür ist mein Ansatz mit möglichst kleinen Veränderungen zu starten und dann nach und nach mit den Mitarbeitenden zu überlegen, wie wir die erste Lösung noch besser für sie gestaltet können.
Beispiel zum Einbeziehen der Mitarbeitenden beim Kulturwandel
Als Beispiel dafür nutze ich das Einführen von Team-Meetings zum Performance Management. Gerade zu Beginn von Transformationen fehlt es den Teammitgliedern und Vorgesetzten oft an Vorstellungskraft, welchen Nutzen diese Meetings mit den dazugehörigen Elementen, wie Kennzahlen, Maßnahmen-Board, Problemlösung etc. haben. Da hilft es meiner Erfahrung nach, erstmal mit einer sehr einfachen Form des Performance Managements zu starten und dies dann nach und nach mit den Beteiligten zu verfeinern, also neue, andere Kennzahlen auszuwählen, das Maßnahmen-Board umzugestalten oder zusätzliche Elemente, wie Hilfestellungen und Erklärungen einzuführen.
Bei allem oben genannten und speziell bei der Einführung des Performance Managements solltest Du das Veränderungsmodells berücksichtigen.
6. Veränderungsmodell nutzen
Weil es so wichtig ist, haben wir es schon oft erwähnt und auch ausführlich beschrieben. Denn das Veränderungsmodell ist einfach unschlagbar zur Sicherung von Veränderungen – für die Nachhaltigkeit. Es besteht aus den vier Elementen:
- Verständnis: „Ich habe verstanden, warum ich mich ändern sollte!“
- Vorbildfunktion: „Ich sehe, dass sich auch meine Vorgesetzten und Kollegen verändern!“
- Fähigkeiten: „Ich besitze die Fähigkeiten, mich wie gefordert zu verhalten!“
- Mechanismen: „Es gibt Systeme und Mechanismen, die mir helfen, nicht in alte Verhaltensweise zu verfallen und wie erforderlich zu handeln!“
Hier kannst Du Details zum Veränderungsmodell und dessen Anwendung nachlesen.
Was bringt Dir das?
Falls Du all diese Ansätze konsequent anwendest, dann habe ich es schon häufig erlebt, dass Mitarbeitende, die erst später in den eingangs beschriebenen Bus gestiegen sind, dennoch vorne Platz nehmen und so als Vorbilder für ihre Kollegen vorangehen und den Kulturwandel erst richtig erfolgreich machen.
Was sind Deine Erfahrungen mit Kulturwandeln? Welchen Ansatz findest Du am wichtigsten oder habe ich einen vergessen? Hinterlasse mir gerne einen Kommentar oder schreibe mir direkt – ich freue mich.
Eine Antwort