Ohne Feedback geben – keine Veränderung, also auch kein Kulturwandel im Unternehmen – zu der Erkenntnis waren wir schon im letzten Post gekommen. Aber wie gebe ich überhaupt richtig Feedback? Kann man das lernen oder üben?
In diesem Beitrag wollen wir Dir das Feedbackmodell vorstellen und als Bonus gibt es am Ende Rollenspiele, mit denen Du das Gelernte ausprobieren kannst – ideal auch mit dem oder der Partner*In – dazu unten mehr.
Das Feedbackmodell besteht aus vier Stufen und erfordert zwei Personen. Die Person, die das Feedback gibt (also Du) und eine weitere, die das Feedback empfängt. Als Eselsbrücke könnt Ihr die Tatsache nutzen, dass man bei gutem Feedback „baff“ ist, denn die Buchstaben der Stufen ergeben frei ausgesprochen eben genau das – „B A – V“.
Feedback geben im Detail
Grundlage: Zuallererst gilt es zu klären, ob die Person, die das Feedback empfangen soll, bereit dazu ist. Dabei sind stressige, emotionale oder zeitkritische Situationen zu vermeiden und zu berücksichtigen. Andernfalls ist die Person ohnehin nicht aufnahmefähig und das Feedback verpufft. Förderlich für eine derartiges Verhältnis der Beteiligten sind Vertrauen und eine offene Feedbackkultur im Unternehmen. Des Weiteren gilt, dass Ihr Feedback
- spezifisch und konkret (nicht allgemein, sondern
bezogen auf ein Verhalten oder Situation), - zeitnah (Adressierte sollten sich an ihr
Verhalten bzw. die Situation erinnern können), - ehrlich (nichts ausdenken – sollte klar sein!),
gebt. Weitere Regeln zum Feedback geben findet Ihr hier.
Stufe B:
Jedes Feedback sollte dann mit einer oder mehreren konkreten Beobachtungen zu einem Verhalten oder einer Situation starten. Dies sollte wirklich sehr konkret sein, z.B. „Ich habe beobachtet, dass Du in letzten drei Tage jeweils 5, 8 und 10 Minuten zu spät zu unseren täglichen Terminen gekommen bist.“ oder „Ich sehe, dass Du keine Schutzbrille trägst.“ Dies sind Fakten, die die Adressaten nicht abstreiten können. Auf dieser Stufe hören Empfangende aufmerksam zu.
Stufe A:
Die wichtigste Stufe beim Feedback geben, denn hier entscheidet sich, ob der Empfänger das Feedback versteht und akzeptiert. Die Auswirkungen auf mich als den Feedbackgebenden oder andere bzw. das Unternehmen sind kritisch, um beim Empfangenden die Auswirkung seines Verhaltens oder der Situation zu verdeutlichen. Dabei sind Ich-Botschaften wichtig, damit es nicht angreifbar wird, z.B.: „Durch Dein Zuspätkommen bekomme ich das Gefühl, dass Du unseren Termin und mich nicht ernst nimmst.“.
Oder „Abgesehen davon, dass es gesetzlich vorgeschrieben ist, habe ich Angst um Deine Gesundheit, wenn Du keine Schutzbrille trägst. Du kannst Dich schwer verletzt, es trifft aber auch Deine Kollegen, die dann für Dich mitarbeiten müssen.“ Die Gefühle oder Ängste, die im Feedbackgebenden geweckt werden, kann der Feedbackempfänger nicht abstreiten oder wegdiskutieren, da sie sich rein auf diese Person – auf Euch selbst – beziehen. Je eindrücklicher Ihr die Auswirkungen erklärt und je gravierender diese für die Betroffenen sind, desto größer ist die Chance, dass Adressaten das Feedback verstehen.
Es gibt eine Möglichkeit die Wirkung des Feedbacks noch zu verstärken und die feedbackempfangende Person in eine reflektierende Haltung zu bringen. Nur wer sein Verhalten oder die Situation reflektiert, ist auch bereit zur Veränderung. Dazu könnt Ihr in Stufe A nach den Auswirkungen des Verhaltens oder der Situation fragen, z.B. durch „Was glaubst Du ist die Auswirkung Deines Verhaltens/der Situation auf mich, Dich oder andere und des Unternehmens?“ Falls Euer Gegenüber die Auswirkungen nicht ausreichend erkennt, könnt Ihr immer noch Eure eigenen Punkte vorbringen.
Stufe –:
Hier gebt Ihr den Adressaten die Gelegenheit auf das Feedback zu reagieren, z. B. um Verständnisfragen zu stellen oder gravierende Begründungen für das Verhalten oder die Situation zu liefern (z.B. ein Unfall als Erklärung für einmaliges Zuspätkommen). Dies sollte jedoch nicht in eine Rechtfertigungsspirale münden – das Verständnis steht im Vordergrund. Als feedbackgebende Person könnt Ihr Fragen stellen wie: „Wie siehst Du das?“, „Was kannst Du darüber sagen?“, „Möchtest Du dazu etwas sagen?“, damit Ihr ein Gespräch angeregt.
Stufe V:
Final sollten beide gemeinsam darüber nachdenken, welche Möglichkeiten der Veränderung es gibt, damit das Verhalten oder die Situation zukünftig nicht wieder auftritt. Am besten gehst Du als feedbackgebende Person schon mit Ideen eines Vorschlags in das Gespräch. Allerdings solltest Du dem Adressaten die Chance geben, selbst über Veränderungen seines Verhaltens oder der Situation nachzudenken. Grundsätzlich solltet Ihr dabei das Veränderungsmodell berücksichtigen.
Feedback geben in der Praxis
Dazu noch ein paar praktische Hinweise. Falls wir Feedback geben, notieren wir uns zur Vorbereitung als allererstes die drei Buchstaben und den Strich für die Pause („B A – V“). Erst danach beginnen wir systematisch diese Eselsbrücke zu füllen mit:
- Beobachtung(en)
- Auswirkung(en) auf mich, die Adressaten oder andere
- – (Pause)
- Vorschlag zur Veränderung.
Ein weiterer Hinweis ist, dass es bei der „Erstanwendung“ des Systems helfen kann, die Stufen zuallererst vorzustellen. Dies könnte zu Beginn von Veränderungen hilfreich sein oder weil Du das System endlich selbst ausprobieren möchtest, obwohl umfassende Veränderungen in Deinem Unternehmen bzw. bei Deinem Arbeitgeber noch in weiter Ferne sind. (Hilfe im letzteren Fall ist hier zu finden!) Damit haben wir bei der Einführung einer Feedbackkultur sehr gute Erfahrungen gemacht.
Zu guter Letzt, kennt Ihr diese Aussage vielleicht auch: „Feedback ist ein Geschenk“, bei dem Ihr der Person selbst überlassen solltet, ob das Feedback umgesetzt wird oder nicht. Dazu möchten wir auf Folgendes hinweisen: es trifft auf manches Verhalten oder Situation zu, allerdings sollten gerade im Zuge von intensiven Veränderungsmaßnahmen im eigenen Unternehmen die Mitarbeitenden jedes Feedback ernst nehmen und an deren Umsetzung mitwirken. Die Veränderungsbereitschaft aller Beteiligten entscheidet schließlich über Erfolg oder Misserfolg von Veränderungsinitiativen in Teams, Abteilungen und letztlich im gesamten Unternehmen.
Ein Rollspiel mit Kollegen oder auch nahestehenden Personen (z. B. Partner*In) zu feedbackwürdigen Situationen ist hervorragend geeignet, damit Du Dir die vorgestellte Systematik einprägen kannst. Sucht Euch ein Szenario aus (1), legt fest, wer Feedback gibt und wer es empfängt (2). Bereitet Euch vor (3) und gebt einander Feedback entlang der vier Stufen (4). Ideal ist es, wenn eine dritte Person das Rollenspiel beobachten (5) und wiederum Feedback an beide Personen geben kann (6). Schließlich könnt Ihr selbst erzählen, wie Ihr Euch dabei gefühlt habt (7) und Verbesserungsmöglichkeiten erkennen (8).
Jetzt viel Spaß beim Feedback geben!
Hoffentlich konnten wir Dir etwas Respekt vor dem Feedback-Geben nehmen. Wir freuen uns auf Deine Erfahrungen. Hinterlasse uns gerne einen Kommentar dazu. Auch über ein Feedback wie Dir unsere Posts grundsätzlich gefallen, freuen wir uns sehr. Vielen herzlichen Dank
PS: Keine Gewähr übernehmen wir, für das Ausprobieren mit dem oder der Partner*In. Dafür empfehlen wir ungefährliche Beispielszenarios. Als kleinen Bonus haben wir hier einige mögliche Szenarien für Dich aufgeführt:
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